Wirtschafts-Steuerstrafrecht

Home » Themen » Wirtschafts-Steuerstrafrecht

Schwarzgeldbekämpfungsgesetz am 03.05.11 in Kraft getreten

Neu: Es gibt ein neues Schwarzgeldbekämpfungsgesetz, das die Selbstanzeigemöglichkeiten des Steuerzahlers erheblich einschränkt. Der Gesetzgeber hat das deshalb neu geregelt, um Täter mit sehr großen Steuerhinterziehungen (also heftigen Beträgen) härter anzupacken. Das bedeutet, dass die Selbstanzeige einer Steuerhinterziehung nun ausgeschlossen ist, wenn der Hinterziehungsbetrag 50.000 EUR pro Tat übersteigt. Im Einzelnen wird es schwierig sein, den genauen Hinterziehungsbetrag zu ermitteln. Nach dem Wortlaut des Gesetzes betrifft er eine einzelne materielle Tat, eine einzelne Steuerart und einen einzelnen Veranlagungszeitraum. Zinsen zur Steuer, Zuschläge oder andere steuerliche Nebenleistungen gehen nicht mit in die Berechnung ein. Trotz dieser Hürde (also der Grenze von 50.000,00 EUR pro Tat) belässt der Gesetzgeber gleichwohl einen Anreiz zur Nacherklärung: Wenn ein Geldbetrag in Höhe von 5 % der hinterzogenen Steuer zugunsten der Staatskasse gezahlt wird und ansonsten die Selbstanzeige nur daran scheitert, dass die Freigrenze von 50.000,00 EUR überschritten ist, ist von der Strafverfolgung abzusehen. Der Täter muss also nicht nur die hinterzogenen Beträge entrichten, sondern noch diesen Zuschlag zahlen.

Neu ist hierbei auch, dass der Zuschlag nur dann überhaupt in Rede steht, wenn die Steuern vorsätzlich verkürzt wurden. Es kommt also auf den Grad des Verschuldens, also ob fahrlässig, leichtfertig oder vorsätzlich der Steuerpflichtige die eingetretene Steuerverkürzung verursacht hat, nunmehr auch an.

Verhaltensregeln bei Durchsuchung in Steuerstrafverfahren

1: Verantwortliche verständigen
Bei Eintreffen der Ermittlungspersonen (der Polizei, Staatsanwaltschaft, Steuer- oder Zollfahndung) sind sofort die direkt Vorgesetzten, bzw. die Unternehmensleitung und falls vorhanden, auch die Rechtsabteilung zu informieren. Vorstand, Geschäftsführer oder sonstige Personen in leitender Stellung sind Inhaber der zu durchsuchenden Räume und haben ein Anwesenheitsrecht!! Die Ermittlungspersonen sind zwar grundsätzlich nicht verpflichtet, auf das Erscheinen des abwesenden Inhabers zu warten. Befindet sich dieser aber in der Nähe, wird man auf sein Erscheinen warten, damit dieser z.B. die Durchsuchung durch freiwillige Herausgabe der gesuchten Gegenstände beenden kann. Eine generelle Telefonsperre ist unzulässig, denn der Geschäftsbetrieb muss aufrechterhalten werden können. Wenn ein telefonischer Kontakt den Durchsuchungserfolg allerdings konkret gefährdet – wie bspw. die telefonische Warnung des Geschäftsführers, dessen Büro durchsucht werden soll bei gleichzeitiger Durchsuchung mehrerer Objekte –, können die Ermittlungspersonen den Anruf untersagen.

2: Strafverteidiger anrufen!
Handytelefonnummern der Strafverteidiger sollten an der Pinnwand im Aufenthaltsraum oder auch direkt am Schreibtisch, gut sichtbar angebracht sein (sie können sich dies natürlich auch auf den Handrücken tätowierten lassen….). Den Telefonkontakt zu seinem RA darf man Ihnen nicht verweigern! Ein Anwalt unseres Strafverteidigerbüros wird im Regelfall sofort zur Durchsuchung kommen. Zuvor werden wir mit dem Einsatzleiter bereits telefonisch Ziel und Umfang der Durchsuchung erörtern und die Modalitäten der Durchsuchung klären. Bitten Sie den Durchsuchungsleiter, mit dem Beginn der Durchsuchung bis zu unserem Erscheinen zu warten. (Eine Verpflichtung der Ermittlungspersonen, mit dem Durchsuchungsbeginn bis zum Eintreffen des RA zu warten, besteht nicht).

3: Namen des Durchsuchungsleiters und der weiteren Ermittlungspersonen notieren
Name, Dienstbezeichnung und Telefon aufschreiben (wenn möglich noch Aktenzeichen), Uhrzeit Beginn und Ende der Durchsuchung.

4: Durchsuchungsbeschluss geben lassen
Jede Durchsuchung bedarf grundsätzlich einer richterlichen Anordnung. D.h. Es gibt einen sogenannten Durchsuchungsbeschluss, dieser wird Ihnen vor der Durchsuchung – zumindest in Kopie – ausgehändigt. Möglich ist aber auch, dass bei „sogenanntem Gefahr in Verzug“ ohne Durchsuchungsbeschluß durchsucht wird. Dann muß man Ihnen erklären, warum „Gefahr im Verzug“ vorliegt. Ein anwesender Strafverteidiger wird dies aufschreiben. Sie müssen die Durchsuchung über sich ergehen lassen, sie also dulden, man darf der Durchsuchung keinen Widerstand entgegensetzen (Einschränkung des Hausrechts).

5: Bereitstellen eines Raumes mit Fotokopierer
Es ist durchaus sinnvoll, den Beamten einen Raum zur Verfügung zu stellen, in welchem man organisatorisches besprechen kann. Fragen ob sichergestellt oder beschlagnahmt wird und was kann man hier in ruhe besprechen. Außerdem (mit der Hand auf Kopierer zeigen) machen Sie das Angebot, wichtiges zumindest für sich zu kopieren (die Herausgabe der Unterlagen durch die Steuerfahndung oder StA kann sich monatelang hinziehen).

6: Kein Wort durch Angestellte/Mitarbeiter und Verantwortliche ohne Verteidiger
Es gehört zum Standardrepertoire der Ermittlungsbehörden, die überraschende, ungewohnte und psychisch belastende Durchsuchungssituation für Vernehmungen zu nutzen, bzw. eher auszunutzen! Schweigen ist das richtige Verhalten!!!!!

(Siehe dazu Schweigen als Reaktion Vernehmungen). Vorsicht auch bei Vorgesprächen, insbesondere scheinbar unverfängliche Unterhaltungen mit den Ermittlungspersonen über die Sache. Auch hier werden oft Informationen entlockt.

Vergessen Sie nicht, niemand ist verpflichtet, gegenüber Polizei, Zoll- oder Steuerfahndung eine Aussage zu machen.

7: Berater nicht von der Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden!
Niemals dürfen Sie Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer von ihrer beruflichen Schweigepflicht entbinden.

8: Geben Sie nichts an Unterlagen freiwillig heraus!!
Widersprechen Sie der Beschlagnahmung sämtlicher Gegenstände

9: Lassen Sie sich ein Verzeichnis der beschlagnahmten Gegenstände aushändigen!!
Angaben, wie „ein Ordner mit Rechnungen“ oder „diverse Unterlagen“ genügen nicht. Fordern sie die Beamten ruhig auf, genau aufzuschreiben, was diese mitnehmen!!!.

10: Kopien der sichergestellten Unterlagen fertigen!
Versuchen Sie durchzusetzen, dass die in Rede stehenden Unterlagen nicht im Original sondern in Kopie mitgenommen werden, oder Sie wenigstens Kopien von den Unterlagen erhalten!

11: Fehlendes Einverständnis mit Durchsuchung und Beschlagnahme vermerken
Ganz am Schluß der Durchsuchung gibt es ein Formblatt über die Durchsuchung, lassen Sie darauf vermerken, dass Sie mit der Durchsuchung nicht einverstanden waren.

Spezialfall:

BGH dehnt Strafbarkeit aus – Der Bundesgerichtshof hat ein Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aufgehoben, weil das LG Nürnberg-Fürth nur den Zinsschaden des Fiskus als Schaden angesehen hatte, der aus der verspäteten Festsetzung der Umsatzsteuer resultierte. Es ging um Folgendes: Der Täter hatte unrichtige Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben und auch für den selben Zeitraum eine unrichtige Umsatzsteuerjahreserklärung. Der BGH hat festgestellt, dass der Schaden mit dem Nominalbetrag der verkürzten Steuern angesetzt werden muss, und zwar auch dann, wenn später eine unrichtige Umsatzsteuererklärung abgegeben wird. Es heißt, dass jede Umsatzsteuervoranmeldung und auch die passende Umsatzsteuerjahreserklärung steuerlich jedenfalls eine selbstständige Tat ist! Heißt im Klartext: Gibt man 12 Umsatzsteuervoranmeldungen ab und eine Jahreserklärung, begeht man 13 materiell selbstständige Taten der Umsatzsteuerhinterziehung! Die unrichtige Umsatzsteuervoranmeldung führt dabei zu einer Steuerhinterziehung auf Zeit, die dann durch die Abgabe einer unrichtigen Umsatzsteuerjahreserklärung eine Steuerverkürzung auf Dauer bewirkt. Die geschuldete Steuer ist bereits verkürzt mit Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung. Diese Entscheidung ist eine wichtige Klarstellung zur Bestimmung des Hinterziehungsschadens bei der Umsatzsteuerhinterziehung. Das Positive an der Entscheidung ist aber, dass der Bundesgerichtshof aus den unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen und der auf diesen Zeitraum bezogenen Jahreserklärung prozessual nur eine Tat macht und nichts dagegen hat, wenn die Staatsanwaltschaft entweder nur die unrichtigen Voranmeldungen anklagt oder die falsche Jahreserklärung.