Jugendrecht

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Das Jugendstrafrecht ist ein speziell auf die Besonderheiten von Jugendlichen ausgerichtetes Rechtsgebiet. Es findet seine Regelung im Jugendgerichtsgesetz =JGG. Im Unterschied zum Erwachsenenstrafrecht geht es darum, dass der jugendliche Täter nicht für die Schwere der Tat und zum Schutz der Bevölkerung verurteilt wird, vielmehr steht im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke im Vordergrund = Erziehungsstrafrecht. Das bedeutet auch, dass die Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts so nicht anwendbar sind, d.h. gibt es im Erwachsenenstrafrecht z. B. eine Mindeststrafe für Handeltreiben von Betäubungsmittel in nicht geringer Menge von 1 Jahr, so gilt dies im Jugendstrafrecht nicht! Dies gilt aber nur für den Strafrahmen, ansonsten gilt, dass für den Jugendlichen alle Handlungen strafbar sind, die auch für den Erwachsenen strafbar sind. Hintergrund für das Bedürfnis nach einem besonderen Strafrecht und Strafverfahren für junge Täter ist die Anschauung, dass es sich bei Jugendkriminalität meist um relativ harmlose, vorübergehende Entgleisungen handelt. Auch dem jungen Straftäter soll durch ernsthafte Ermahnungen bzw. auch Sanktionen gemacht werden, dass Normen der Gesellschaft für ihn verbindlich sind, andererseits soll aber beachtet werden, dass eine übermäßige Strafe sich entwicklungsschädlich auswirken kann.Zuständig für die Aburteilung von Jugendlichen sind die Jugendgerichte. Bei ihnen handelt es sich allerdings nicht um selbstständige Gerichtsbehörden, sondern um Abteilungen der Amtsgerichte und Kammern der Landgerichte. Im Bereich der Staatsanwaltschaft sind spezifische Abteilungen mit Jugendstaatsanwälten zuständig. Es sollen Jugendrichter und Jugendstaatsanwälte “erzieherisch befähigt und in der Jugendarbeit erfahren” sein, was leider in der Praxis nicht immer gewährleistet ist.

WER ist jugendlich?
WAS kann man kassieren?
JugendGerichtshilfe
Pflichtverteidiger
öffentlich?
Bußgeld
Warnschußarrest - Höchststrafe?
§§
WER ist jugendlich?

Das Jugendstrafrecht ist Sonderstrafrecht und Sonderstrafprozessrecht für junge Täter, die sich zur Zeit ihrer Tat in dem Übergangsstadium zwischen Kindheit und Erwachsenenalter befinden. Menschen vor Vollendung des 14. Lebensjahres sind als Kinder strafunmündig.

Für Jugendliche, d.h. für Menschen, die zur Tatzeit im Alter von 14 bis 17 Jahren waren gilt das JGG.

Für Heranwachsende, d.h. 18- bis 20-jährige ist das Jugendstrafrecht dann anzuwenden, wenn der Heranwachsende von seinem Reifezustand zur Tatzeit im Hinblick auf die konkrete Tat noch einem Jugendlichen gleichzustellen war oder wenn er jedenfalls eine jugendtypische Tat begangen hat.

In der Praxis wird häufig bei Heranwachsenden noch das Jugendstrafrecht angewendet. Typische Delikte Minderjähriger sind Diebstähle, (in Form des Ladendiebstahls), Sachbeschädigung (z. B. in Form von Graffiti), Körperverletzungsdelikte und Leistungserschleichung, aber mittlerweile auch Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz.

WAS kann man kassieren?

Die “Sanktionspalette” ist weit gefächert. Dem Jugendrichter steht eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung, um die passende Sanktion für den jugendlichen Täter zu finden. Das JGG unterscheidet zwischen drei Gruppen:

Erziehungsmaßregel, das sind: Weisungen, wie Arbeitsleistungen zu erbringen, oder an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen, oder einen Täter-Opfer-Ausgleich vorzunehmen

Zuchtmittel, das sind: die Verwarnung, Erteilung von Auflagen (Schadenswiedergutmachung, Entschuldigung, Arbeitsleistung, Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung) und der Jugendarrest, sowie die Jugendstrafe.

Dabei richtet sich die Wahl der Rechtsfolge danach, welche nach der Persönlichkeit des jugendlichen Täters den besten Erfolg für seine Resozialisierung verspricht. Versprechen mehrere Maßregeln den gleichen Erfolg ist diejenige zu wählen, die den geringsten Eingriff darstellt. Oftmals reicht bereits die Einleitung eines Verfahrens, um dem Jugendlichen die Ernsthaftigkeit der Verfehlung vor Augen zu halten, deshalb bietet das JGG für diesen Fall die Möglichkeit des Absehens von der Verfolgung und der Einstellung des Verfahrens.

Jugendarrest bedeutet entweder Freizeitarrest, Kurzarrest oder Dauerarrest.

Freizeitarrest wird auf die wöchentliche Freizeit verhängt und auf eine oder zwei Freizeiten bemessen.

Kurzarrest wird stattdessen verhängt, wenn zusammenhängender Vollzug aus Erziehungsgründen erforderlich erscheint (2 Tage Kurzarrest=ein Freizeitarrest).

Dauerarrest beträgt mindestens 1 Woche und höchstens 4 Wochen.

Der Arrest steht aus Sicht der Bestrafungslatte unter der Verhängung von Jugendstrafe und über den Zuchtmitteln.

Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer Jugendstrafanstalt, sollte die Jugendstrafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden.

Die Mindeststrafe beträgt sechs Monate, die Höchststrafe 5 Jahre, wird dann verhängt, wenn so genannte „schädliche Neigungen“ festgestellt werden, oder wegen Schwere der Schuld Jugendstrafe erforderlich erscheint.

Ausnahme der 5 Jahre: Wenn es sich bei der Tat um ein Verbrechen handelt, für das nach allgemeinem Strafrecht eine Höchststrafe von mehr als 10 Jahren angedroht ist, ist das Höchstmaß 10 Jahre.

JugendGerichtshilfe

Eine Besonderheit des Jugendstrafverfahrens ist auch die Einschaltung der Jugendgerichtshilfe, welches als besonderes Organ zur “Vertretung der erzieherischen, sozialen und fürsorgerischen Gesichtspunkte” in das Verfahren eingebunden ist. Aufgabe: Für die Staatsanwaltschaft und das Gericht bei der Erforschung der Persönlichkeit des Beschuldigten bzw. Angeklagten, insbesondere bei der Feststellung des Reifegrades (§§ 3, 105 JGG), die notwendigen Informationen zu beschaffen.

Zum anderen soll sie den jungen Menschen während des Verfahrens begleiten, was sich in der Praxis meist darin erschöpft, dass es einen Termin bei der Jugendgerichtshilfe gibt, an dem der Lebenslauf geschildert wird und danach die Einschätzung durch den zuständigen Jugendgerichtshelfer per Bericht an das Gericht gegeben wird. Im Umgang mit der JGH ist V o r s i c h t  geboten, da die JGH verpflichtet ist, alles, was sie erfährt, an die Justiz weiterzugeben.

 

Der Bundesgerichtshof hat nämlich in einem Fall entschieden, (Beschluss vom 21.9.2004 ), dass Aussagen von Angehörigen, falls diese belehrt wurden, unter bestimmten Voraussetzungen verwertet werden können. Interessant ist bei dieser Entscheidung, in welcher Rolle der BGH die JGH sieht: „Die Jugendgerichtshilfe erhebe für den Bericht auf Veranlassung des Staatsanwalts oder des Gerichts wesentliche Grundlagen für die Rechtsfolgenentscheidung und stehe daher bei entsprechenden Befragungen von Beweispersonen rechtlich anderen Ermittlungsorganen gleich. Aus diesem Grund müsse der Beschuldigte vor der Befragung durch die Jugendgerichtshilfe über seine Aussagefreiheit und die Befugnis, einen Verteidiger zu beauftragen, belehrt werden (§§ 136 Abs. 1 S. 2, 163a Abs. 3 S. 2 und Abs. 4 S. 2 StPO). Andere Personen müssen über ihr Zeugnis- und Auskunftsverweigerungsrecht belehrt werden (§§ 52 ff, 55 StPO).

D.h. die JGH ist denselben prozessualen Vorschriften unterworfen wie andere Ermittlungsorgane.

Für das Verhalten bei der Jugendgerichtshilfe bekommen Sie bei uns hilfreiche Tips.

Pflichtverteidiger

Unter welchen Voraussetzungen bekommt man in einem Jugendstrafverfahren einen Pflichtverteidiger bestellt? Ein Fall notwendiger Verteidigung liegt nach der Rechtsprechung erst dann vor, wenn mindestens ein Jahr Jugendstrafe ohne Bewährung zu erwarten ist. Nach der Literatur ist bereits ein Pflichtverteidiger zu bestellen, wenn überhaupt Jugendstrafe zu erwarten ist.

Sie sehen, das ist nicht oft der Fall.

Setzen sie sich frühzeitig im Laufe eines Verfahrens mit einem Wahlverteidiger in Verbindung, oftmals kann im Ermittlungsverfahren „Schlimmeres“ vermieden werden.

öffentlich?

Gegensatz zum Allgemeinen Strafrecht: die Verhandlungen vor den Jugendgerichten sind meist nichtöffentlich.

Dann nämlich, wenn der Angeklagte zum Tatzeitpunkt noch keine 18 Jahre (Jugendlicher) war, ist die Verhandlung nichtöffentlich.

Anderes, nämlich Öffentlichkeitsgrundsatz gilt, wenn er zum zeitpunkt der Tat (!) über 18, also Heranwachsender war oder wenn neben dem Jugendlichen auch Erwachsene oder Heranwachsende angeklagt sind.

Hat der Angeklagte Taten teilweise als Jugendlicher, teilweise als Heranwachsender begangen, so ist das Verfahren nicht öffentlich .

Bußgeld

und Verstoß gegen Schulpflicht?

Natürlich kann gg. einen Jugendlichen bei einer Ordnungswidrigkeit auch ein Bußgeld verhängt werden. (Straßenverkehr, Mofa-Mopedfahrer)

Die häufigsten Verfahren hierzu sind die nach dem SchulpflichtGesetz. Nach mehreren Verstößen gegen die Anwesenheitspflicht wendet sich die Schulleitung an die Bußgeldbehörde (Stadt oder Landkreis). Dort wird ein Bußgeldantrag gestellt, später ein Bußgeldbescheid erlassen. Danach wird, wenn nicht gezahlt wird, das Verfahren an das Gericht abgegeben. (Beachte: Schuldner des Bußgeldes ist i.d.R. der Schüler selbst!). Wenn auch das nichts nutzt, wird zunächst eine Weisung in Form von Arbeitsstunden statt der ursprünglichen Geldbuße erfolgen. Wird die auferlegte Arbeit trotz mehrmaliger Anmahnung nicht erbracht, so kann nun Jugendarrest angeordnet werden.

Warnschußarrest - Höchststrafe?

Verschärfung des Jugendrechts

Das Jugendstrafrecht wurde verschärft. Die gestiegene Jugendkriminalität hat den „Warnschuss-Arrest“ gebracht. Dieser Arrest kann nun neben einer zur Bewährung ausgesetzten Verhängung oder Vollstreckung der Jugendstrafe angeordnet werden. Die mögliche Jugendstrafe ist auf 15 Jahre erhöht worden.

§§

§ 67 JGG

Stellung des Erziehungsberechtigten und des gesetzlichen Vertreters(1) Soweit der Beschuldigte ein Recht darauf hat, gehört zu werden, Fragen und Anträge zu stellen oder bei Untersuchungshandlungen anwesend zu sein, steht dieses Recht auch dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter zu.

(2) (2) Ist eine Mitteilung an den Beschuldigten vorgeschrieben, so soll die entsprechende Mitteilung an den Erziehungsberechtigten und den gesetzlichen Vertreter gerichtet werden.

(3) (3) Die Rechte des gesetzlichen Vertreters zur Wahl eines Verteidigers und zur Einlegung von Rechtsbehelfen stehen auch dem Erziehungsberechtigten zu.

(4) (4) Der Richter kann diese Rechte dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter entziehen, soweit sie verdächtig sind, an der Verfehlung des Beschuldigten beteiligt zu sein, oder soweit sie wegen einer Beteiligung verurteilt sind. Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 bei dem Erziehungsberechtigten oder dem gesetzlichen Vertreter vor, so kann der Richter die Entziehung gegen beide aussprechen, wenn ein Mißbrauch der Rechte zu befürchten ist. Stehen dem Erziehungsberechtigten und dem gesetzlichen Vertreter ihre Rechte nicht mehr zu, so bestellt das Familiengericht einen Pfleger zur Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten im anhängigen Strafverfahren. Die Hauptverhandlung wird bis zur Bestellung des Pflegers ausgesetzt.

(5) (5) Sind mehrere erziehungsberechtigt, so kann jeder von ihnen die in diesem Gesetz bestimmten Rechte des Erziehungsberechtigten ausüben. In der Hauptverhandlung oder in einer sonstigen Verhandlung vor dem Richter wird der abwesende Erziehungsberechtigte als durch den anwesenden vertreten angesehen. Sind Mitteilungen oder Ladungen vorgeschrieben, so genügt es, wenn sie an einen Erziehungsberechtigten gerichtet werden.

§ 72

Untersuchungshaft

(1) Untersuchungshaft darf nur verhängt und vollstreckt werden, wenn ihr Zweck nicht durch eine vorläufige Anordnung über die Erziehung oder durch andere Maßnahmen erreicht werden kann. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit (§ 112 Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung) sind auch die besonderen Belastungen des Vollzuges für Jugendliche zu berücksichtigen. Wird Untersuchungshaft verhängt, so sind im Haftbefehl die Gründe anzuführen, aus denen sich ergibt, daß andere Maßnahmen, insbesondere die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe, nicht ausreichen und die Untersuchungshaft nicht unverhältnismäßig ist.

(2) Solange der Jugendliche das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist die Verhängung von Untersuchungshaft wegen Fluchtgefahr nur zulässig, wenn er1. sich dem Verfahren bereits entzogen hatte oder Anstalten zur Flucht getroffen hat oder2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes keinen festen Wohnsitz oder Aufenthalt hat.(3) Über die Vollstreckung eines Haftbefehls und über die Maßnahmen zur Abwendung seiner Vollstreckung entscheidet der Richter, der den Haftbefehl erlassen hat, in dringenden Fällen der Jugendrichter, in dessen Bezirk die Untersuchungshaft vollzogen werden müßte.

(4) Unter denselben Voraussetzungen, unter denen ein Haftbefehl erlassen werden kann, kann auch die einstweilige Unterbringung in einem Heim der Jugendhilfe (§ 71 Abs. 2) angeordnet werden. In diesem Falle kann der Richter den Unterbringungsbefehl nachträglich durch einen Haftbefehl ersetzen, wenn sich dies als notwendig erweist.

(5) Befindet sich ein Jugendlicher in Untersuchungshaft, so ist das Verfahren mit besonderer Beschleunigung durchzuführen.

(6) Die richterlichen Entscheidungen, welche die Untersuchungshaft betreffen, kann der zuständige Richter aus wichtigen Gründen sämtlich oder zum Teil einem anderen Jugendrichter übertragen.

§ 89c

Vollstreckung der Untersuchungshaft

Solange zur Tatzeit Jugendliche das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wird die Untersuchungshaft nach den Vorschriften für den Vollzug der Untersuchungshaft an jungen Gefangenen und nach Möglichkeit in den für junge Gefangene vorgesehenen Einrichtungen vollzogen. Ist die betroffene Person bei Vollstreckung des Haftbefehls 21, aber noch nicht 24 Jahre alt, kann die Untersuchungshaft nach diesen Vorschriften und in diesen Einrichtungen vollzogen werden. Die Entscheidung trifft das Gericht. Die für die Aufnahme vorgesehene Einrichtung ist vor der Entscheidung zu hören.

TIPPS

Im Jugendrecht wird den Kids – Jugendlichen und den Eltern von verschiedenen Seiten immer wieder Falsches erzählt. Der Hintergrund ist der Gedanke, dass das Jugendstrafverfahren ja kein echtes Strafverfahren sei. Da würde man ja nicht bestraft! Sondern erzogen! Deshalb bräuchte man auch keinen Verteidiger. Und man müsse offen und ehrlich sein und ALLES erzählen, denn „ehrlich währt am längsten“. Und man m ü s s e zur Jugendgerichtshilfe und zur Polizei. Und wenn es dann einen Arrest gäbe, dann sei das kein Knast, es sei ein Arrest. Deshalb nochmals deutlich und zur Klarstellung hier einige wichtige Tipps zum Jugendverfahren
:

Verteidiger

Nehmt Euch einen Verteidiger. Auch wenn alle sagen, braucht man nicht. Quatsch! Das Jugendverfahren ist kompliziert, die Strafen und die Weichen fürs Leben oft massiv, die Jugendrichter gefühlt manchmal härter als im Erwachsenenrecht

Achtung JGH

Der Mensch von der Jugendgerichtshilfe hat kein Schweigerecht. Er erzählt A L L E S dem Richter ! niemand m u s s zur JGH. Sieht zwar blöd aus, ist aber taktisch oft besser

Schweigen

Wir sind nicht in der Schule, sondern vor Gericht! Hier gilt die Strafprozessordnung und das Jugendgerichtsgesetz. Jugendliche dürfen SCHWEIGEN. Besonders bei der Polizei ! Das sollten Sie auch aus unserer Erfahrung! Mund halten und Anwalt fragen !

Knast is Knast

Auch wenn dann aussen JUGENDARREST auf dem Schild steht. Es schmeckt, riecht und fühlt sich an wie echter Knast. Und 4 Wochen Dauerarrest sind auch kein Zuckerschlecken.